Mannschaften

Einfache Soldaten

Das Gros der Männer im Militär waren einfache Soldaten. Zwar wurden die Stammrollen der Preußischen Armee am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört, aber dennoch gibt eine Vielzahl an Quellen über ihre Geschicke Auskunft.

Das Leben der einfachen Soldaten steht zwar selten im Mittelpunkt militärhistorischer Forschungen, ist aber gerade für die Erkundung der eigenen Familiengeschichte von Belang. Viele aufschlussreiche Quellen wurden bei der Bombardierung Potsdams am Ende des Zweiten Weltkriegs im Heeresarchiv vernichtet. Trotz dieser Verluste gibt es im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz aber eine Reihe von Quellen, die zurate gezogen werden können. 

Grundsätzliches

Das Schriftgut der militärischen Kommando- und Verwaltungsbehörden Preußens wurde Ende 1936/37 vom Geheimen Staatsarchiv an das seinerzeit neu gebildete Heeresarchiv in Potsdam abgegeben und ist dort gegen Ende des Zweiten Weltkrieges fast vollständig verbrannt.

Die Restüberlieferung aus der Zeit vor 1866/67 befindet sich heute in der IV. Hauptabteilung Preußische Armee im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, die ab 1867/68 im Bundesarchiv-Militärarchiv. Im Bundesarchiv-Militärarchiv werden unter anderem auch Personalunterlagen von Offizieren und Beamten der Wehrmacht, Unterlagen über wehrmachtsgerichtliche Verfahren sowie über die Verleihung von Orden und Ehrenabzeichen verwahrt.

In der IV. HA Preußische Armee sind demnach keine Unterlagen zum militärischen Einsatz von Truppen beziehungsweise über Einzelschicksale für folgende Bereiche vorhanden:

  • Erster und Zweiter Weltkrieg, 
  • Marine und Luftwaffe.

Es gibt jedoch einige Ausnahmen, auf die dieser Artikel näher eingeht.

Muster- und Stammrollen

Jeder Rekrut, jeder Soldat wurde zu Beginn seines Militärdienstes gemustert und mit seinen Daten in sogenannten Muster- und Stammrollen verzeichnet. Diese Rollen stellten einen guten Ausgangspunkt für Recherchen nach einzelnen Soldaten dar, allerdings wurden die Rollen der preußischen Armee am Ende des Zweiten Weltkriegs überwiegend zerstört. Die Stammrollen, die in der bis 1945 erschienenen Literatur nachgewiesen sind, existieren heute also nur noch in Ausnahmefällen, namentlich in den Beständen:

In einigen wenigen Fällen sind Stammrollen auch in Beständen ziviler Behörden überliefert. Gezielt recherchierbar sind sie jedoch bislang nur für das 18. Jahrhundert, und zwar über das Militärinventar.

Landsturmrollen

Eine größere Zahl von Musterrollen ist nur für einige wenige Jahre überliefert. Diese Rollen verdanken ihre Existenz der Neuregelung des Militärersatzwesens in den Jahren 1874 und 1888. Die Wehrpflicht bestand für alle männlichen deutschen Staatsbürger vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 45. Lebensjahr. Alle Wehrpflichtigen wurden mit dem vollendeten 20. Lebensjahr militärpflichtig und hatten sich der Musterung zu unterziehen.

Die Musterung wurde von Ersatzkommissionen durchgeführt, die aus dem Bezirkskommandeur, dem Landrat, einem Militärarzt und mehreren zivilen Mitgliedern bestand. Im Zuge der Musterung entstanden Musterungsrollen ("Alphabetische Listen"), in denen die Ergebnisse der Tauglichkeitsprüfung eingetragen wurden. Alle nicht zum Dienst in Heer und Marine verpflichteten Wehrdiensttauglichen waren landsturmpflichtig. In den Rollen wurden folgende Daten eingetragen:

1.) Alphabetische Listen: Name des Militärpflichtigen; Geburtsdatum und -ort; Namen der Eltern und Beruf des Vaters; Wohnsitz der Eltern und des Militärpflichtigen; Religion; Gewerbe oder Stand; Datum der Musterung; Größe, Brustumfang, Gewicht, Sehstärke; Körperliche Fehler è Fehlerzahl; Entscheidung der Ersatzkommission (z. B. über die Zurückstellung wegen Untauglichkeit); Entscheidung der Oberersatzkommission (z. B. über die Ausmusterung).

2.) Landsturmrollen: Name des Militärpflichtigen; Geburtsdatum und -ort; Religion; Aufenthaltsort, Familienstand; Entscheidung der Ersatzkommission; Bemerkung (z. B. über den Eintritt in ein Regiment).

Erhalten sind Rollen aus den Aushebungsbezirken Berlin (mit Charlottenburg, Lichtenberg, Rixdorf/Neukölln, Schöneberg und Wilmersdorf) sowie Angermünde, Brandenburg/Havel und Westhavelland, Jüterbog-Luckenwalde, Niederbarnim I und II, Oberbarnim, Teltow I und II sowie Potsdam Babelsberg. Die Listen und Rollen decken ungefähr den Zeitraum zwischen 1866 und 1920 ab, der Schwerpunkt liegt jedoch auf den 1880er und 1890er Jahren. Welche Rollen vorhanden sind, kann dem Findbuch des Bestands GStA PK, IV. HA Preußische Armee, Rep. 12 Kommando- und Verwaltungsbehörden sowie Truppenteile der Neuen Armee (ab 1807) entnommen werden.

Die Listen und Rollen können in den Forschungssälen des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz eingesehen werden. Sie lagern im Dahlemer Magazin und können bei rechtzeitiger Bestellung in der Regel am Tag der Bestellung vorgelegt werden. Bitte beachten Sie, dass das Archivpersonal keine Auskünfte aus den Listen und Rollen erteilen kann.

Verlustlisten

In Verlustlisten wurden alle Soldaten aufgeführt, die bei Kriegshandlungen getötet wurden. Zwar gab es derartige Listen vereinzelt schon seit dem 18. Jahrhundert, systematisch geführt und publiziert wurden sie im Königreich Preußen jedoch erst seit den Reichseinigungskriegen des 19. Jahrhunderts. Eine zuverlässige Basis für die Ermittlung der Kriegstoten ergab sich aus der Einführung von Identifikationsmarken für Soldaten in Preußen 1870.

Gedruckte Verlustlisten sind in größerer Anzahl in der Dienstbibliothek des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz vorhanden. Eine Datenbank, welche die im Armee-Verordnungsblatt publizierten Verlustlisten des Ersten Weltkriegs durchsucht, wird vom Verein für Computergenealogie angeboten.

Im Bestand I. HA Rep. 91 A Militärgouvernement zwischen der Elbe und der Oder zu Berlin sind zudem vier Haupttotenbücher verzeichnet. Darin enthalten sind Todeseinträge von Soldaten verschiedener Regimenter der Neupreußischen Armee.

  • I. HA Rep. 91 A, Nr. 1087: Haupt-Totenbuch, Buchstabe A – C; Laufzeit 1811 - 1818
  • I. HA Rep. 91 A, Nr. 1088: Haupt-Totenbuch, Buchstabe G – H; Laufzeit 1814 - 1818
  • I. HA Rep. 91 A, Nr. 1089: Haupt-Totenbuch, Buchstabe J – K; Laufzeit 1806 - 1818
  • I. HA Rep. 91 A, Nr. 1090: Haupt-Totenbuch, Buchstabe S; Laufzeit 1813 – 1818.

Diese Bände können bei Bedarf im Forschungssaal des GStA PK eingesehen werden. Auskünfte aus Totenbüchern kann das GStA PK leider nicht erteilen.

Literatur: Svenja Goltermann, Opfer. Die Wahrnehmung von Krieg und Gewalt in der Moderne, Frankfurt/Main 2017.

Weitere Ansprechpartner

WASt im Bundesarchiv

Die Personenverluste der Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs wurden seit 1939 von einer neuen Behörde, der Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht (WASt), registriert. 2018 wurde die Behörde aufgelöst und die Überlieferung der Abteilung Personenbezogene Auskünfte zum Ersten und Zweiten Weltkrieg im Bundesarchiv zugewiesen. Die Unterlagen beziehen sich auf Angehörige des Heeres, der Luftwaffe und der Marine, auf Angestellte und Arbeiter der Wehrmacht sowie auf Kriegsgefangene. 

Deutsch-russisches Projekt zur Digitalisierung deutscher Dokumente in Archiven der Russischen Föderation

Infolge des Zweiten Weltkriegs wurden zahlreiche Akten aus dem Deutschen Reich in andere Länder verbacht - auch nach Russland. Die so entstandenen Sammlungen werden durch das Projekt online zugänglich gemacht, darunter auch zahlreiche Dokumente zum Ersten und Zweiten Weltkrieg.

Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw)

Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr beherbergt eine Bibliothek mit zahlreichen Publikationen zur deutschen und internationalen Militärgeschichte. Soweit es die Kapazitäten zulassen, beantwortet die dort angesiedelte Ansprechstelle für militärhistorischen Rat auf dieser Basis Anfragen von Privatpersonen.

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