Zum 300. Geburtstag der Dichterin Anna Louisa Karsch

News vom 21.12.2022

Bekannt wurde die Dichterin durch ihre Gesänge auf Friedrich II. Zeitlebens verehrte die „Karschin“ den preußischen König und erreichte mit einer Audienz im Schloss Sanssouci die höchste soziale Anerkennung.

Audienz bei Friedrich II., 1763 (Stich von D. N. Chodowiecki, 1789)
Audienz bei Friedrich II., 1763 (Stich von D. N. Chodowiecki, 1789)

Am 1. Dezember 2022 jährte sich der 300. Geburtstag der Anna Louisa Karsch geb. Dürbach. Die Dichterin gilt als erste deutsche Berufsautorin, die zumindest zeitweise von ihrer Kunst leben konnte. 

Geboren 1722 in Hammer bei Schwiebus (Schlesien) als Tochter eines Gastwirtes, wuchs sie in ärmlichen Verhältnissen auf. Ab einem Alter von ca. sechs Jahren lernte sie bei ihrem Großonkel in Tirschtiegel vier Jahre lang das Lesen und Schreiben. Nach dem Tod des Vaters und der Wiederverheiratung der Mutter musste sie als Kindermädchen für ihre Halbbrüder sowie als Magd und Rinderhirtin arbeiten. Sie wurde in jungen Jahren zweimal unglücklich verheiratet und bekam sieben Kinder, drei davon starben im Kleinkindalter. 

Ihre ersten poetischen Versuche unternahm Anna Louisa am heimischen Spinnrad. Zur Sicherung des Lebensunterhalts verfasste sie Gelegenheitsgedichte für Hochzeiten, Geburtstage oder Beerdigungen und erlangte durch ihre „Stehgreifdichtung“ regionale Bekanntheit. 

Seit 1755 lebte sie mit ihrer Familie im niederschlesischen Glogau, das seit dem Ersten Schlesischen Krieg preußisch war. Ein Jahr später begann mit dem Überfall Friedrichs II. auf Sachsen der Dritte Schlesische bzw. Siebenjährige Krieg. Anna Louisa Karsch fing früh an, Lobeshymnen auf Friedrich II. und patriotische Gesänge auf die preußischen Siege zu schreiben, die sie überregional berühmt machen sollten.

1761 zog Anna Louisa mit ihrer ältesten Tochter nach Berlin. Dort machte sie Bekanntschaft mit ihren zukünftigen Förderern, dem Gelehrten Karl Wilhelm Ramler, dem Philosophen Johann Georg Sulzer und dem Halberstädter Dichter Johann Wilhelm Ludwig Gleim, mit dem sie eine lebenslange Brieffreundschaft verband. In Berlin begann ihr literarischer Aufstieg, sie hatte brieflichen Kontakt mit Goethe, Schiller und Lessing. Der „Karschin“, wie sie nun genannt wurde, gelang nicht nur der Zugang zum geselligen und literarischen Leben der Residenzstadt, sondern auch zum preußischen Hof, an dem sie häufig Gast war bei der Königin und bei Prinzessin Amalie. Am 11. August 1763 wurde ihr sogar die gewünschte Audienz bei Friedrich II. gewährt; ihre Erwartung, der König möge sie mit einem Haus oder wenigstens mit regelmäßigen finanziellen Zuwendungen belohnen, wurde jedoch enttäuscht. 

Unterstützungsgesuch der Anna Louisa Karsch an Friedrich II., 1770 (BPH, Rep. 47, Nr. 1121)

Mehrmals wandte sich Anna Louisa – wie hier abgebildet – mit Unterstützungsgesuchen an den König, der ihr aber nur einige wenige Taler zukommen ließ. Über die Jahre sollen es insgesamt etwa neunzig Taler gewesen sein. Die Karschin kommentierte die Zuwendungen mit Gedichten wie diesem:

Aber für drey Thaler kann
Zu Berlin kein Hobelmann
Mir mein letztes Haus erbauen.
Sonst bestell ich ohne Grauen
Heute mir ein solches Haus,
Wo einst Würmer Tafel halten
Und sich ärgern übern Schmaus,
Bey des abgehärmten alten
Magern Weibes Überrest,
Die der König darben lässt.

Titelblatt eines Gedichtes auf Friedrich II., 1763 (Einzeldruck)

Dennoch bezeichnete sie den Empfang beim König im Marmorsaal von Schloss Sanssouci als den Höhepunkt ihrer Karriere. 

1764 erschien der erste Gedichtband „Auserlesene Gedichte“, der ihr einen Gewinn von über 2.000 Talern einbrachte. 

Während ihrer Zeit in Berlin war sie ständig auf Wohnungssuche und zog mehrmals um. Ihr Traum vom eigenen Heim erfüllte sich erst im Jahr 1787, als ihr der neue König Friedrich Wilhelm II. ein Haus am Hackeschen Markt in der Kommandantenstraße erbauen ließ. Hier starb Anna Louisa Karsch am 12. Dezember 1791.

Das Gleimhaus Halberstadt zeigt noch bis 23. April 2023 eine Ausstellung über die Poetin.

Anke Klare