Exilant, Gourmet und Reisender unter den Hohenzollern Prinz Albrecht der Ältere (1809-1872)

News vom 08.08.2022

Am 14. Oktober 2022 jährt sich der 150. Todestag von Prinz Albrecht dem Älteren. Der Scheidungsprozess mit seiner Ehefrau Marianne Prinzessin von Oranien-Nassau ging in die Geschichte ein und beeinträchtigte seine Stellung am Hof der Hohenzollern. Doch ist er auch als begeisterter Orientreisender bekannt und ein Küchenbuch im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz verrät des Prinzen liebste Speisen.

Küchenbuch des Prinzen Albrecht der Ältere von 1848 (GStA PK, I. HA, Rep. 100, Nr. 1853)
Küchenbuch des Prinzen Albrecht der Ältere von 1848 (GStA PK, I. HA, Rep. 100, Nr. 1853)

Vergessener Prinz und untreuer Gemahl
Albrecht wurde am 5. Oktober 1809 als zehntes und letztes Kind König Friedrich Wilhelms III. und der Königin Luise im Königsberger Exil geboren. Seine Kindheit verbrachte er nach dem Tod der Mutter bei der Oberhofmeisterin Gräfin Sophie Marie von Voß, der Vater fand aufgrund der Napoleonischen Kriege nur wenig Zeit für die Fürsorge seines Sohns. 

Da zwei seiner Brüder, Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I., später zum König bzw. Kaiser ernannt wurden, wird Albrecht in der Literatur auch als „vergessener Prinz“ betitelt. 

Bereits mit 13 Jahren kam er seiner Cousine Marianne näher, der jüngsten Tochter aus dem Hause Nassau-Oranien-Fulda. Die Heirat erfolgte ein paar Jahre später am 14. September 1830 in Den Haag. Die Familie wohnte zunächst in Schloss Schönhausen nördlich von Berlin, bis Karl Friedrich Schinkel das Prinz-Albrecht-Palais in der Berliner Friedrichstadt errichtete, in dem das Paar mit seinen vier Kindern, darunter sein Erstgeborener Albrecht der Jüngere, residierte.

Die Ehe stand jedoch unter keinem guten Stern: Prinzessin Marianne war von ihrem Wesen her streng religiös, künstlerisch aktiv und setzte sich für sozial bedürftige Untertanen ein. Albrecht hingegen war als Chef des Kaiserlich-Russischen Kürassierregiments Nr. 7 verpflichtet und begeisterte sich sehr für die militärischen Tugenden. Darüber hinaus ging er eine Liaison mit seiner Hofdame Rosalie von Rauch ein, einer Tochter des preußischen Kriegsministers Gustav von Rauch. 

Trotz anfänglicher Abneigung und eines ersten Scheidungsgesuchs versuchte Marianne eine Versöhnung mit ihrem Ehemann zu erreichen. Doch als ein Verhältnis der Prinzessin mit dem Kutscher Johannes van Rossum sowie ein von ihm erwartetes Kind öffentlich bekannt wurde, verfügte Albrechts Bruder Friedrich Wilhelm IV. die Scheidung der beiden im März 1849 endgültig. Marianne wurde von ihren Kindern getrennt und musste den Hof der Hohenzollern sowie Preußen unverzüglich verlassen. 

Ihr Weg führte später nach Schloss Reinhartshausen in Erbach, das mit ihrer beachtlichen Kunstsammlung zu einem kulturellen Anziehungspunkt im Rheingau bei Hessen wurde. 

Die Orientexpedition 1843
Albrecht hingegen wurde bereits im Vorfeld des langwierigen Scheidungsprozesses und wegen seiner Liebschaften zum Berliner Gesprächsthema, weswegen der König verfügte, der Prinz möge die Stadt für einige Zeit verlassen. 

Infolge der Begeisterung des Prinzen für die Ägyptenforschung wurde der Nahe Orient zu seinem favorisierten Reiseziel, welches er zugleich mit einer politischen Mission verband: Der Ägyptologe Karl Richard Lepsius befand sich bereits auf einer Forschungsreise zur Beschaffung weiterer Exponate für das von Friedrich Wilhelm IV. geförderte Ägyptische Museum in Berlin; Albrecht förderte ihn und traf seine Expedition im April 1843. 

Seine siebenmonatige Reise führte ihn von Alexandria entlang des Nils in Richtung Nubien und Jerusalem sowie Palästina und Syrien. Neben der Besichtigung der Sultan-Hassan-Moschee in Kairo suchte der Prinz zusammen mit der Expeditionsgruppe die berühmte Cheops-Pyramide auf und bestaunte eine von Lepsius entworfene hieroglyphische Inschrift, die anlässlich des Geburtstags von Friedrich Wilhelm IV. in Stein gemeißelt wurde. 

Im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz dokumentiert die Akte III. HA MdA Nr. 12686 Bd. 1 aus dem Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten die Ägyptenreise Albrechts auf rund 290 Folioseiten. Daneben liegt in der Bibliothek des Deutschen Historischen Museums ein Skizzenbuch vor, welches eindrückliche Texte der Mitreisenden Major von Cler und Leutnant Charles Reclam sowie Zeichnungen von Johannes Rabe beinhaltet.

Zweite Ehe und Exil in Dresden
Szenenwechsel an die Spree: Unter heftigem Protest des preußischen Königs setzte Albrecht vier Jahre nach seiner Scheidung durch, seine Liaison Rosalie von Rauch als morganatische Ehefrau zu heiraten. Die Hochzeit erfolgte unter Ausschluss der Öffentlichkeit und fernab Preußens im Herzogtum Sachsen-Meiningen am 28. Mai 1853 und zog für das frisch vermählte Paar ernsthafte Konsequenzen nach sich. 

Rosalie wurde von Friedrich Wilhelm IV. zur „persona non grata“ erklärt. Der König verbot ihr den Zutritt zu allen preußisch verwalteten Gebieten. Albrecht verwirkte ebenfalls seine Stellung am Hof der Hohenzollern und beide begaben sich ins Exil nach Dresden. Dort residierten sie auf Schloss Albrechtsberg, welches vom Architekten Adolph Lohse 1854 für den Prinzen fertiggestellt wurde und heute als Gebäude für Feste und Tagungen genutzt wird. Aus ihrer Ehe gingen die beiden Söhne Wilhelm und Friedrich Graf von Hohenau hervor, die eine Karriere in der preußischen Armee absolvierten. 

Dass Albrecht seine Ehefrau nach seinem Ableben versorgt wissen wollte, wird in seinem Testament deutlich. Darin heißt es:

„[Es] erhält mithin Meine genannte Gemahlin, die Gräfin von Hohenau, als ein Prälegat sämmtliche, zur Zeit Meines Ablebens in dem Schloße Albrechtsberg, und den zu denselben gehörigen Gebäuden und Grundstücken befindlichen, Mir gehörigen Gold- und Silber-Sachen, Hauptgegenstände, Bücher, Gemälde, Glas, Porzellan, Meubles, Betten, Weißzeug, Kuchen- und Haus-Geräth, Pferde, namentlich auch die rußischen Pferde und die Equipagen, Vorräthe und Bestände aller Art, kurz das gesammte todte und lebende Inventarium in Albrechtsberg […].“ (GStA PK, BPH, Rep 60 I, Nr. 44).

Lebensabend, Tod und Erinnerungskultur
Erst mit dem Tod Friedrich Wilhelms IV. und der Thronbesteigung Wilhelms I. im Jahr 1861 knüpfte das Paar engere Beziehungen zum Königshof und das Verhältnis entspannte sich merklich. 

Seine Treue zum Hof äußerte der Prinz durch sein Engagement im Rahmen der deutschen Einigungskriege: Im Deutsch-Dänischen Krieg wirkte Albrecht zum einen als Beobachter und Berater im Hauptquartier des Generalfeldmarschalls Friedrich von Wrangel. Zum anderen befehligte er als Kommandeur die 4. Kavallerie-Division im Deutsch-Französischen Krieg und nahm an Schlachten bei Wörth, Sedan und Orléans teil. 

Dann aber führte ein erster Schlaganfall zum Dienstausfall und Aufenthalt im Lazarett, der zweite Schlaganfall ereilte ihn auf der Berliner Siegesparade im Juni 1871 während des Einmarschs auf seiner Stute namens Lipa. Sein dritter Schlaganfall führte am 14. Oktober 1872 zum Tod und mit 63 Jahren wurde Albrecht der Ältere im Mausoleum im Park von Schloss Charlottenburg bestattet.

Bis heute ist der Prinz durch ein imposantes Denkmal im Berliner Stadtbild präsent. Unter Anwesenheit Kaiser Wilhelms II. wurde das Standbild seines Großonkels am Todestag 1901 feierlich enthüllt; es stellt ihn in seiner Montur als Beteiligten am Deutsch-Französischen Krieg dar. 

Das Denkmal befindet sich am nördlichen Ende der Schlossstraße direkt gegenüber dem Haupteingang von Schloss Charlottenburg. 

Expert*innen auf dem Gebiet der Pomologie (Obstbaumkunde) ist Albrecht ebenfalls bestens bekannt: 1865 entdeckten die Hofgärtner des Prinzen auf den Obstfeldern der Sommerresidenz Schloss Kamenz eine neue Apfelsorte. Diese wurde zu Ehren ihres Herrn „Prinz Albrecht von Preußen“ oder auch „Albrechtsapfel“ getauft und zeichnet sich durch ihr grünweißliches Fruchtfleisch mit süßsäuerlicher Note aus.

Des Prinzen liebste Speisen
Im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz verwahrt das Brandenburg-Preußische Hausarchiv die Personalrepositur des Prinzen mit ca. 2,6 laufenden Metern Archivgut (BPH, Rep. 60 I). Darin überliefert sind vor allem Akten zum Scheidungsprozess und den beiden Heiraten. 

Für kulturgeschichtlich Interessierte lohnt sich zudem ein Blick in das Küchenbuch des Prinzen für das Jahr 1848 (GStA PK, I. HA Rep. 100 Ministerium des Königlichen Hauses, Nr. 1853). Albrechts persönlicher Küchenmeister Schwimmer, der schon auf der Orientreise anwesend war, protokollierte detailliert die Tag für Tag für seinen Herrn und dessen Gäste zubereiteten Speisen – mit sämtlichen benötigten Zutaten. 

So kredenzte er Albrecht zum Geburtstag einen Kalbsbraten mit Kartoffeln und einen Pflaumenkuchen zum Nachtisch. Weitere Gerichte sind u.a. gebratene Hechte und Rebhühner, Spinat mit Eiern oder auch eine Julienne-Suppe. 

Beim Blättern durch das Küchenbuch wird deutlich, dass der Prinz eine Schwäche für Mehlspeisen mit Schokolade besaß. 

Jonas Springer