Neues zur Überlieferung aus Pommern und Westpreußen

News vom 22.04.2021

Ein Archivbesuch im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Pandemiezeiten ist nicht für jeden Forscher möglich. Durch die Onlinestellung retrokonvertierter Findmittel und von Digitalisaten häufig nachgefragter Archivalien ermöglicht das Archiv die Suche am heimischen Rechner.

Für die Pommern-Forscher steht neben der bereits vollständig in der Archivdatenbank recherchierbaren Provinzialüberlieferung XV. HA Pommern, jetzt auch die Zentralüberlieferung II. HA Generaldirektorium, Abt. 12 Pommern online zur Verfügung. Die retrokonvertierten und teilweise überarbeiteten 6757 Aktentitel (insgesamt 102 laufende Meter) umfassen den Zeitraum von (1441) 1551 - 1812 und ermöglichen einen ersten und schnellen Zugriff auf die Archivalien des Territorialdepartements Pommern. Dessen Registratur umfasst die Hauptgruppen Behördenorganisation, Ämterverwaltung und Ämterverpachtung, Städteverwaltung sowie Polizeiverwaltung (Materien). Letztere beinhaltet beispielsweise Akten zur Kolonistenansiedlung des ehemals dünn besiedelten Pommern und zum Wiederaufbau (Retablissement) nach dem Siebenjährigen Krieg (1756 - 1763).

Familienforscher, deren Vorfahren aus Westpreußen oder dem Netzedistrikt stammen, können jetzt Digitalisate der bei den entsprechenden Landesaufnahmen 1772/73 für Steuerzwecke angelegten Kontributionskataster (Westpreußen) beziehungsweise Klassifikationsanschläge (Netzedistrikt) online einsehen.

Die Kontributionskataster liegen als zeitgenössische Abschriften (auch Reinschriften genannt) in 117 Katasterbänden (nach Ämtern und Orten gegliedert) mit geschätzten 40.000   Personeneinträgen vor. Diese wortgetreuen Abschriften wurden vermutlich im Zeitraum von 1776 bis 1779 angefertigt. 

Die Klassifikationsanschläge sind ebenfalls als zeitgenössische Abschriften in 22 Katasterbänden (nach Ämtern und Orten gegliedert) vorhanden und augenscheinlich wie die Kontributionskataster aufgebaut.

Was kann der Familienforscher hier nun an Informationen erwarten:

Im allgemeinen enthalten die Kataster das Dorfprotokoll mit der Aufzeichnung der Ortslage sowie die tabellarische Dorfaufnahme mit Namen, Angaben zum Landbesitz und daraus resultierender Steuerveranlagung der pflichtigen Haushaltsvorstände (Klassifikationsanschlag). Weitere Angaben von persönlichen Daten zu den erfassten Personen wie zum Beispiel über Geburt, Alter, Familienstand oder deren Herkunft beziehungsweise Verbleib bei einem eventuellen Weggang sucht man hier allerdings vergeblich. Ebenso fehlen Angaben zu Familienangelegenheiten wie etwa Pacht, Kauf und Verkauf von Land.  

Nicht zu Kontributionszwecken klassifiziert wurden die geistlichen Güter, die unter die Kammerverwaltung kamen und gleich den Domänen verpachtet wurden. Von der Kontribution ausgenommen waren ferner die königlichen Forsten und die Starosteien, die der König zu künftigen Domänen bestimmt hatte; dies sollte erst nach Beendigung der Landvermessung geschehen. 
Nicht berücksichtigt wurden auch adelige Güter und größere Städte. Bei Letzteren wurde die Akzise (Verbrauchsabgabe beziehungsweise -steuer auf Waren; kein Personenbezug) eingeführt.
Für all diese Güter müssen andere Quellen herangezogen werden, die sich teilweise aber ebenfalls im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz finden.