Zum 100. Todestag von Max Weber, oder: Ein Nationalökonom auf Reisen

News vom 14.06.2020

Wer reist, erwirbt Wissen. Dies galt auch für Max Weber, der vor einhundert Jahren starb. Ein Teil seines Nachlasses gelangte später ins Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz und wurde mittlerweile digitalisiert – darunter auch Briefe, die über seine Reisen durch Europa und Amerika informieren.

Autograph Max Webers auf dem Briefpapier des Astor House in New York
Autograph Max Webers auf dem Briefpapier des Astor House in New York © GStA PK

Am 14. Juni 1920 starb Max Weber im Alter von 56 Jahren. Die Forschungen dieses Nationalökonomen und Soziologen zum Verhältnis von Religion, Gesellschaft und Wirtschaft haben bis heute kaum an Bedeutung verloren. Besonderes Aufsehen erregte seine Abhandlung „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“, in der er die asketische Lebensweise protestantischer Gemeinschaften zu einer Entwicklungsbedingung des modernen Kapitalismus erklärte.

Es war wohl Webers Ehefrau Marianne, die während des Zweiten Weltkriegs einen Teil des schriftlichen Nachlasses ihres Mannes an das Geheime Staatsarchiv zur Verwahrung übergab. Die übergebenen Unterlagen spiegeln sicher nicht den ursprünglichen Zustand der von Max Weber hinterlassenen Papiere wider, sondern wurden von seiner Witwe zusammengetragen. Dies erklärt die vielen darin überlieferten, auch abschriftlichen, Briefe von Max Weber selbst an Familie, Freunde und Wissenschaftler.

Ein Manuskript zur „Protestantischen Ethik“ fehlt zwar im hiesigen Nachlass, doch illustrieren selbst die enthaltenen Reisebriefe Max Webers seine ständige Beschäftigung mit diesem Thema. Auf langen Reisen durch Europa und Amerika beobachtete er immer auch die gesellschaftlich-religiösen Verhältnisse an den bereisten Orten. Als Max und Marianne Weber 1904 mit Freunden und Kollegen zu einem Kongress nach St. Louis eingeladen wurden, nutzten sie diesen Anlass zu einer dreimonatigen Rundreise. Ausführlich schilderte das Ehepaar seine Eindrücke in Briefen an Helene Weber, die Mutter von Max Weber. So schrieb er am 20. September: „Chicago ist – infolge der Völkervermischung – weniger kirchlich als selbst New York – trotzdem ist grade in den Arbeitervierteln die Zahl der (von den Arbeitern selbst bezahlten) Kirchen sehr groß. Hier liegen die charakteristischsten Züge amerikanischen Lebens, zugleich auch die schicksalsvollsten Momente tiefer innerer Umgestaltung. Orthodoxe Sekten waren es bisher, die dem ganzen Leben hier ihr Gepräge gaben. […]“ (VI. HA, Nl Weber, M., Nr. 6, Bl. 30 ff.)

Wer neben der „Max-Weber-Gesamtausgabe“ oder den „Ausgewählten Briefen“ gern Max Webers handschriftliche Briefe im Original lesen möchte, findet den Bestand bereits vollständig digitalisiert in der Online-Archivdatenbank des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz.