Aus der Erschließungspraxis

News vom 03.03.2020

Das GStA PK präsentiert in loser Folge ausgewählte Archivalien der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Archivs aus deren Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten an den Beständen, Nachlässen und Sammlungen.

Revolution 1918 - Akten mit Durchschoss
XX. HA, Ostpreußische Folianten, Nr. 2370 - 2373 © GStA PK / Christine Ziegler

Akten mit Durchschuss - Ostpreußische Folianten dokumentieren Revolutionsjubiläum

Archivalien erzählen Geschichte und sind manchmal sogar selbst Zeitzeugen. Zu der im Geheimen Staatsarchiv PK verwahrten Überlieferung des Historischen Staatsarchivs Königberg zählen rund 16.800 Ostpreußische Folianten aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, die die Geschichte des Herzogtums, dann Königreichs Preußen beziehungsweise der späteren Provinz Ostpreußen wiederspiegeln. Zur Erhaltung und zum Schutz dieses schriftlichen Kulturerbes erhielt das Archiv im Jahre 2017 Projektfördergelder aus dem Staatsministerium für Kultur und Medien. Im Rahmen dieser Maßnahme wurden die Bände gereinigt und vermessen, ferner erhielten sie Spezialverpackungen aus langzeitstabilen, archivgerechten Wellpapp-Boxen.

Während dieser Tätigkeit fielen dem Mitarbeiter Herrn Kuttner vier Ostpreußische Folianten „Jahresrechnungen des Amtes Braunsberg, 1774 - 1778“ auf, die Durchschusslöcher aufwiesen. In den besagten Bänden finden sich folgende Eintragungen „Erinnerung an den 3. März 1919 Revolution Gewehrkugel befindet sich im Aktenstück 2376“. Seine Neugier war geweckt und er hoffte die Gewehrkugel zu finden; leider ist der Foliant 2376 nicht überliefert. Seinen Fund teilte er auch dem zuständigen Sachgebiet mit. Deren Recherchen ergaben, dass am 3. März 1919 die Marine-Volkswehr in Königsberg entwaffnet und der Belagerungszustand verhängt wurde.

Dieses politische Ereignis mit heftigen Straßenkämpfen und Artilleriebeschuss auf das Königsberger Schloss, worin auch das Staatsarchiv untergebracht war, findet sogar Erwähnung im Jahresbericht des Historischen Staatsarchivs Königsberg für 1919. Archivdirektor Dr. Erich Joachim schildert dort insbesondere „Spuren der Geschosse“ am Schloss, die Ostpreußischen Folianten bezeugen mit ihren Durchschusslöchern hingegen auch erlittene Schäden am Archivgut vor über 100 Jahren.