Eine Urkunde reist nach Vilnius

News vom 20.06.2023

Im Geheimen Staatarchiv Preußischer Kulturbesitz liegt eine Urkunde von herausragender Bedeutung für die Geschichte Litauens. Als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Ende Mai 2023 nach Litauen reiste, brachte er dieses Schriftstück von 1323 als Leihgabe für eine Ausstellung mit nach Vilnius.

Gitanas Nauseda, Frank-Walter Steinmeier, Prof. Rimvydas Petrauskas und Irena Kriviene, © Donatas Jarutis / Universitätsbibliothek Vilnius
Gitanas Nauseda, Frank-Walter Steinmeier, Prof. Rimvydas Petrauskas und Irena Kriviene, © Donatas Jarutis / Universitätsbibliothek Vilnius

Ende Mai 2023 reiste der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Litauen. Er brachte bei dieser Gelegenheit nicht nur Familienangehörige zu den in Litauen stationierten deutschen Soldaten, sondern außerdem eine 700 Jahre alte Urkunde aus dem GStA PK zu einer Ausstellung der Universitätsbibliothek in Vilnius. 

Urkunde vom 18. Juli 1323 in der Ausstellungsvitrine, © Donatas Jarutis / Universitätsbibliothek Vilnius

Die Urkunde (XX. HA Perg. Urk. L.S. 11 Nr. 17) wurde der Universitätsbibliothek ausgeliehen und stellt nun dort das zentrale Objekt einer Ausstellung über die 700jährige Geschichte der Hauptstadt Litauens dar. 

Das Schriftstück wurde am 18. Juli 1323 von einem Notar in Lübeck gefertigt und beinhaltet unter anderem abschriftlich drei Briefe von Gediminas (1275-1341), dem Großfürsten von Litauen, die er im Mai 1323 an norddeutsche und andere Städte des Ostseeraumes sowie an die Orden der Franziskaner und Dominikaner gesandt hatte. In seinen Briefen bekannte sich Gediminas, der als Gründer Vilnius´ gilt, zum lateinischen Christentum und sprach unter der Zusage von günstigen Lebensbedingungen Einladungen an Kaufleute und Handwerker aus, sich in Litauen niederzulassen. Die Briefe verdeutlichen eine Hinwendung Litauens zum lateinischen Europa und spielen für das heutige Selbstverständnis Litauens eine herausragende Bedeutung.

Genaugenommen brachte Bundespräsident Steinmeier die Urkunde nicht selbst nach Vilnius, sondern organisierte und finanzierte ihren sicheren und fachgerechten Transport, inklusive einer Kurierin aus dem Geheimen Staatsarchiv. 

Der Transport einer mittelalterlichen Pergamenturkunde ist – erst Recht über Ländergrenzen und viele Kilometer hinweg – eine aufwändige Angelegenheit:
Die Urkunde ist reversibel auf einer säurefreien Kartonplatte befestigt und liegt in einem ebenfalls säurefreien Karton.  Für den Transport wurde der Urkundenkarton zusätzlich in eine sogenannte Klimakiste verpackt. Eine solche ca. 60 Kilogramm schwere Kiste garantiert, dass die Urkunde keinen klimatischen Schwankungen ausgeliefert ist, was dem Material besonders zusetzen und den natürlichen Abbauprozess beschleunigen würde.

Verstauen des Urkundenkartons in der Klimakiste, © GStA PK / Elisabeth Heigl

Ausladen der Klimakiste aus dem Flugzeug in Vilnius, © GStA PK / Elisabeth Heigl

Am 30. Mai eröffnete die Ausstellung der Universitätsbibliothek unter dem Titel „Curriculum Vilnae“ feierlich im prächtigen Pranciškus-Smuglevičius-Saal der Bibliothek. 

Geladen waren auch der litauische Präsident Gitanas Nauseda und der deutsche Bundespräsident, der nicht zuletzt für das zentrale Ausstellungsstück aus dem GStA PK gesorgt hatte. 
Nach den präsidialen Ansprachen zur 700jährigen Beziehungsgeschichte Litauens und Deutschlands und gemeinsamer Herausforderungen und Verantwortungen in Gegenwart und Zukunft, ließen sich die Präsidenten von Prof. Rimvydas Petrauskas, dem Rektor der Universität Vilnius und von Irena Kriviene, der Generaldirektorin der Universitätsbibliothek Vilnius, durch die Ausstellung führen und bestaunten gemeinsam das 700 Jahre alte Schriftstück und weitere Zeugnisse aus 700 Jahren der Stadtgeschichte.
Welche Bedeutung die Litauerinnen und Litauer der Präsentation dieser einen Urkunde aus dem GStA PK beimessen, verdeutlicht nicht zuletzt ihre mediale Präsenz noch am gleichen Abend in den Hauptnachrichten des litauischen Fernsehens.

Wenn die Ausstellung am 21. Juni 2023 endet, wird die Gediminas-Urkunde aus den Beständen des GStA PK wieder fachgerecht verpackt, zurück in ihre Klimakiste gelegt und in möglichst waagrechter Position, behutsam und von einer Kurierin aus dem GStA PK begleitet, zurück nach Dahlem gebracht.