„Wertloses“ kann wertvoll sein

News vom 13.08.2020

Für den Autographen-Handel Wertloses kann für archivarische Ausbildung und für die Forschung mitunter sehr wertvoll sein.

Ein Karton „wertlose“ Stücke
Ein Karton „wertlose“ Stücke © Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz / Dr. Pauline Puppel

Auszubildende des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz durften vor einiger Zeit die Auktion einer Berliner Autografenhandlung erleben. Mitgebracht haben sie von dieser Exkursion einen unscheinbaren Karton mit der Aufschrift „wertlose Schreiben“.

Aber wertlos waren die über hundert Schriftstücke auf Papier und Pergament überhaupt nicht: Sie wurden zunächst im Rahmen der Ausbildung der Archivinspektoranwärter*innen des Geheimen Staatsarchivs genutzt. Die Auszubildenden entzifferten die verschiedenen Handschriften aus mehr als 300 Jahren und konnten so ihre Paläographie-Kenntnisse verbesseren. Darüber hinaus erlernten sie anhand der Stücke, nach welchen Kriterien die archivische Zuständigkeit, der sogenannte Archiv-Sprengel, ermittelt wird. Dazu sind sowohl landeshistorische als auch verwaltungshistorische Kenntnisse nötig. 

Mehr als die Hälfte der Schriftstücke hatte keinen Bezug zu Brandenburg-Preußen und fiel demnach nicht in die Zuständigkeit des Geheimen Staatsarchivs wie zwei Lehnbriefe des Kurfürsten von Sachsen an die uradelige Familie von Witzleben über Burg Rentwertshausen aus den Jahren 1616 und 1652, das Bittgesuch des Franz Winkelblech an Kaiserin Maria Theresia um Verleihung einer Propstei von 1746 sowie das Testament des Pfarrers Eberhard in Staffel aus dem Jahr 1781, aber auch ein Brief der Essener Industriellengattin Margarethe Krupp, Teile aus dem privat-dienstlichen Nachlass des Diplomaten Franz von Reichenau sowie Briefe an die Dresdner Schriftstellerin Gerda von Schlieben.

Das Geheime Staatsarchiv hat nun viele kleine und größere Päckchen gepackt und die Archivalien an die heute zuständigen Staats-, Stadt-, Universitäts-, Ordens- und Familien-Archive geschickt. In Paris und Wien, in St. Pölten, Essen, Dresden, Friedrichsruh, Halle sowie beim Politischen Archiv des Auswärtigen Amts und anderswo sind die Archivalien in die Bestände eingegliedert und jetzt für die Forschung zugänglich. Somit haben sie in mehrfacher Hinsicht einen Wert, nämlich für die Ausbildung und nun auch für die wissenschaftliche Auswertung.