Ortsgeschichte

Hinweise zur Erforschung von Ortsgeschichten

Bei Arbeiten zur Ortsgeschichte ist zunächst die Einsichtnahme in Literatur zu empfehlen, da oft Quellen oder deren Verzeichnisse bereits in gedruckter Form vorliegen. In Frage kommen dafür insbesondere territoriale Bibliographien, alte Gemeindeverzeichnisse, Historische Ortslexika und Urkundenbücher.

Nach diesem ersten Schritt können für die weitere Vertiefung der Forschung Archivalien hinzugezogen werden. Sie werden sich hauptsächlich in den zuständigen Landes- und Stadtarchiven finden lassen, aber auch zentrale Archive wie das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz können Quellen zur Ortsgeschichte besitzen. In erster Linie werden Urkunden- und Aktenbestände, Stadt- und Gerichtsbücher zu benutzen sein, aber auch Kartenbestände sollten nicht unberücksichtigt bleiben.

Zum Beispiel können Gemarkungskarten aus der Zeit von um 1700 bis Mitte des 19. Jahrhunderts die genaue Lage jedes einzelnen Gebäudes, die Aufteilung der Feldmark, Flächenangaben zur Größe der einzelnen Felder, Art der Feldbewirtschaftung, Kurzangaben des Vermessungsregisters, Bodengüte und Ertrag sowie Namen der Eigentümer oder Pächter enthalten, die an die Gemarkungskarten zeitlich anschließenden Katasterkarten Gebäudelagen, Grundstücksgrenzen und Namen der Grundstückseigentümer beinhalten, Karten der Landesaufnahmen des 18. Jahrhunderts und die Messtischblätter ab circa 1820 schließlich zeigen die Lage des gesuchten Ortes im größeren Zusammenhang und auch die Verbindungswege.

Beispiel Brandenburg

Am Beispiel der Stadt Rathenow sollen die im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz für diese Stadt vorhandenen gedruckten und ungedruckten Quellen zur Ortsgeschichte in Brandenburg benannt werden.

An Literatur ist zu nennen:

  • Bibliographie zur Geschichte der Mark Brandenburg, Teil 1-6. Bearbeitet von Hans-Joachim Schreckenbach (1970 folgende).
  • Statistisch-Topographische Beschreibung der gesamten Mark Brandenburg, Teil 2, bearbeitet von F.W.A. Bratring (1805). - mit ausführlicher Beschreibung der Stadt, ihrer Häuserzahl ab 1719, Entwicklung der Einwohnerzahl ab 1719, der öffentlichen Gebäude, von Wirtschaft und Verkehr.
  • Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Band 3: Havelland, bearbeitet von Lieselott Enders (Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam, Band 3). 1972. - mit Angaben zur Größe der Stadt, ihrer ersten schriftlichen Erwähnung, zu Herrschafts- und Gerichtszugehörigkeit, Wirtschafts- und Sozialstruktur, kirchlicher Verfassung, Bevölkerungsziffern.
  • Gemeindelexikon für das Königreich Preußen (nach 1918: für den Freistaat Preußen). - in verschiedenen Ausgaben mit den Flächengrößen der Gemeinden, Häuser- und Einwohnerzahl, zuständigen Gerichten, Kirchspielen und ab 1874 Standesamtsbezirken.
  • Codex diplomaticus Brandenburgensis. Sammlung der Urkunden und sonstigen Quellenschriften für die Geschichte der Mark Brandenburg und ihrer Regenten, bearbeitet von Adolph Friedrich Riedel. 1838-1869.
  • Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, herausgegeben von Johannes Schultze. Berlin 1940.

In den Archivalienbeständen finden sich:

  • frühe Erwähnungen im Landbuch Kaiser Karls IV. von 1375 (I. HA Rep. 78 a Kurmärkische Lehnskanzlei; siehe hierzu aber auch die Quellenedition von Johannes Schultze) und in Urkunden von 1403 und 1512 (VII. HA Urkunden)
  • Akten zur Verwaltung der Stadt zwischen 1451 und 1715 in der Überlieferung des Brandenburgischen Geheimen Rates (I. HA Geheimer Rat, Rep. 21 Brandenburgische Städte, Ämter und Kreise)
  • Akten zur Verwaltung der Stadt im 18. Jahrhundert in der Überlieferung des Generaldirektoriums, der zentralen Verwaltungsbehörde Preußens zwischen 1723 und 1810 (II. HA Generaldirektorium, Abteilung 14 Kurmark)
  • Akten zur Verwaltung der Stadt ab 1810 in sämtlichen Ministerialbeständen
  • Akten zum Kirchen- und Schulwesen in der Überlieferung des Konsistoriums und der Abteilung für Kirchen- und Schulwesen des Regierungsbezirks Potsdam für die Zeit von 1683-1877 (X. HA Brandenburg, Rep. 40 Konsistorium und X. HA Brandenburg, Rep. 2 B Regierung Potsdam, Abteilung II)
  • Karten der Stadt von 1799 (mit den Namen sämtlicher Einwohner), 1802 und 1910, von Teilen der Stadt aus den Jahren 1792, 1805 und 1882, die Schmettausche Landesaufnahme mit der Umgebung der Stadt (Kopie von 1783) und Ausgaben der Messtischblatt-Sektion Rathenow von 1882, 1940 und 1985 (XI. HA Karten, Plankammer der Regierung Potsdam und Allgemeine Kartensammlung)
  • Flurnamen der Gemarkung Rathenow in der um 1935 zusammengestellten Flurnamensammlung (X. HA Brandenburg, Rep. 16 Flurnamensammlung)
  • Stadtwappen, Abbildungen seit 1347 (VIII. HA Siegel, Wappen, Genealogie).

Beispiel Ostpreußen

Umfangreiches Material zur Geschichte ostpreußischer Gemeinden befindet sich in der XX. HA Historisches Staatsarchiv Königsberg, zum Beispiel zu folgenden Bereichen:

  • Stadt- und Dorfgründungen im Mittelalter; heranzuziehen sind die Handfestenüberlieferung, wenig unter den Pergament-Urkunden, vermehrt im Ordensbriefarchiv sowie in den Handfestenbüchern unter den Ordensfolianten sowie den frühneuzeitlichen Metriken und weiteren Amtsbüchern, erschlossen durch das Preußische Urkundenbuch (bis 1371) sowie durch maschinenschriftliche Findbücher zur kopialen Überlieferung der inneren Verwaltung
  • Ortsgründungen nach 1525; heranzuziehen sind die Metriken und andere Amtsbücher unter den Ostpreußischen Folianten (ohne Ortsindizes) und die Handfesten
  • Briefwechsel des Herzoglichen Hofes vor allem während der Reformationszeit; heranzuziehen ist das Herzogliche Briefarchiv, Abt. I 2, Nachlass Paul Speratus
  • Bevölkerungs- und Siedlungsgeschichte vom 16.-18. Jahrhundert; heranzuziehen sind Musterzettel von 1519 (OBA 22935), Türkensteuerregister von 1540 (Ostpr. Fol. 911a 1-36), Amtsrechnungen des 16.-18. Jahrhunderts, zumeist bis 1750/51 unter den Ostpreußischen Folianten, Protokolle der Generalhufenschosskommision von 1715-1719 und Nachfolgeakten, Akten der Kriegs- und Domänenkammern und die Kolonistensachen in der Überlieferung II. HA Generaldirektorium, Abteilung 7 Ostpreußen und Litthauen
  • Geschichte einzelner Städte und Dörfer, abgesehen von ihren Gründungen; heranzuziehen sind die Ämterabteilungen des Etats-Ministeriums, Stadt- und Ämtersachen der Kriegs- und Domänenkammern, Städte- und Innungsakten aus dem 13.-20. Jahrhundert sowie der Teilbestand Städte und Ämter in der Überlieferung II. HA Generaldirektorium, Abteilung 7 Ostpreußen und Litthauen
  • Politische und Wirtschaftsgeschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts; heranzuziehen sind die Akten des Oberpräsidenten, besonders zahlreich für die Zeit während des Ersten Weltkriegs und danach (Rep. 2) sowie die Überlieferung des NSDAP-Gaues Ostpreußen, besonders bis 1935 (Rep. 240 A-D)

Kontaktieren sollten Sie vor allem auch folgende Archive: 

Digitalisierte Archivalien:

Andere Einrichtungen: