Überlieferungen in Berlin und Frankfurt/Oder
Überlieferungen in Berlin und Frankfurt/Oder
Wie die Briefe in die Bestände und Sammlungen gelangten.
Die Überlieferung im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz
Die vergleichsweise große Anzahl von Kleist-Briefen und ergänzenden Dokumenten in den Beständen und Nachlässen des Geheimen Staatsarchivs PK erklärt sich primär aus dessen Zuständigkeit für die schriftliche Überlieferung der zentralen Behörden und Einrichtungen des ehemaligen preußischen Staates, der Verantwortung für bestimmte Provinzialüberlieferungen sowie der Verwahrung des brandenburg-preußischen Hausarchivs des vormals regierenden Königshauses der Hohenzollern.
Dokumente zu Kleists Leben und Werk sind in den Überlieferungen vorhanden, wenn seine Angelegenheiten als Privatperson oder Bediensteter der preußischen Verwaltung Gegenstand amtlichen Verwaltungshandelns wurden. Die Vorgänge betreffen Passsachen, Zensurangelegenheiten, Kleists Austritt aus dem Militär, seine Anstellung im preußischen Staatsdienst sowie Gesuche um finanzielle Beihilfe und Unterstützung seiner publizistischen Projekte.
Die Schreiben von Kleist befinden sich in den Beständen und Nachlässen der Adressaten. Die Empfänger waren der preußische König, Staatsminister und höhere Beamte. Die Antwortschreiben an Kleist liegen als Konzepte oder Abschriften vor. Der überwiegende Teil der Briefe datiert aus Kleists beiden letzten Lebensjahren (1810/11), als er in Berlin einen neuen Schreibort als Journalist gefunden hatte. Sie spiegeln insbesondere die Konflikte mit der preußischen Regierung und Friedrich Wilhelm III. um die Herausgabe der „Berliner Abendblätter“ wider.
Kleists Briefe und Bittschreiben orientierten sich in äußerer Form, innerer Struktur, Anrede, Devotionsbezeugung und Schlussformel an den Empfehlungen der zeitgenössischen Anleitungen zum Verfassen von Briefen, den sogenannten Briefstellern. Die Rangunterschiede der Empfänger bestimmten auch das Format und die Beschaffenheit des Briefpapiers. Die Schriftstücke weisen die typischen handschriftlichen Bearbeitungsvermerke der amtlichen Stellen, zum Beispiel z. d. A. (zu den Akten), auf.
Die Sammlung im Kleist-Museum, Frankfurt an der Oder
Primäres Ziel der Kleist-Autografensammlung, um deren Erweiterung sich das Kleist-Museum ständig bemüht, ist es, Kleist-Handschriften zu bewahren und der Öffentlichkeit sowie der Kleist-Forschung zugänglich zu machen. Bereits 1922 entstand ein erster musealer Erinnerungsraum in Kleists Geburtshaus. In den folgenden Jahren wurden unter anderem drei Original-Briefe Kleists angekauft und der Kleist-Gesellschaft, die von 1920 bis 1945 ihren Sitz in Frankfurt hatte, zur Nutzung übergeben.
Etliches wurde, ebenso wie das Geburtshaus Kleists, 1945 ein Opfer der Flammen. Teile der Sammlung, u. a. die Kleist-Briefe, waren verschwunden. Auf der Grundlage des Geretteten wurde in unterschiedlichen institutionellen Konstellationen bis 1990 am Ausbau einer Sammlung vornehmlich zur Kleist-Rezeption gearbeitet. Nur eine Kleist-Handschrift, der Neujahrswunsch für Ulrike von Kleist, war zu diesem Zeitpunkt im Bestand des Kleist-Museums, das 1969 im Gebäude der alten Garnisonschule gegründet worden war.
Erst mit der Wiedervereinigung und der damit verbundenen Öffnung des Marktes konnte sich das Haus um den Wiederaufbau einer Kleist-Autografensammlung bemühen. Drei Briefe wurden gekauft: der mehrseitige private Brief an Adolphine von Werdeck, ein geschäftliches Billet an den Verleger Reimer und das Schreiben an den Verleger Walther. Weiterhin wurden eine kommentierte Abschrift eines eigenen Gedichts, ein Stammbucheintrag und eine Variation auf ein Goethe-Gedicht erworben. Zuletzt konnte der Briefschluss vom 14. März 1803 an Ulrike von Kleist angekauft werden. Die Dauerleihgabe Nachlass Minde-Pouet/Sammlung Kleist der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin, die ein weiteres Billet an Reimer enthält sowie das kürzlich aus privatem Besitz übergebene dritte Reimer-Billet vervollständigen die Reihe der im Kleist-Museum aufbewahrten Kleist-Autografen.
Die Handschriften schließen Briefe und personalisierte Zueignungen in Gedichtform ebenso wie nichtpersonalisierte Gedichte ein. Sie datieren aus zwölf Jahren, tragen überwiegend privaten Charakter und sind sowohl an Freunde und Familie als auch an Geschäftspartner gerichtet. Papierqualitäten und -größen variieren und den Anforderungen der zeitgenössischen Briefsteller wird nur ein Brief gerecht.