Forschungsverständnis

Erschließung und Forschung sind im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz eng aufeinander bezogene Kernbereiche archivischen Arbeitens. Die Bestandserschließung öffnet die Überlieferung für die wissenschaftliche Forschung; wissenschaftliche Forschung ist aber auch Voraussetzung für das adäquate Verständnis, und damit für die fachgerechte Erschließung des Archivguts.

Erschließung setzt Forschung voraus

Eine Bestandserschließung, die den archivischen Wissensspeicher für die Forschung öffnet, setzt eigene Forschung der Archivarinnen und Archivare voraus. Diese beginnt mit den „Produzenten“ der Akten über eine Auseinandersetzung mit dem Quelleninhalt selbst bis zur Frage einer bestmöglichen Präsentation in digitaler Umgebung. Der Einbeziehung insbesondere des wissenschaftlichen Zielpublikums wird dabei zunehmend Raum eingeräumt: in Kooperationen mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und dem Research Center Sanssouci werden neue Formen onlinebasierter Erschließung erprobt.

Unverzichtbar für jede Form der Erschließung ist der Rückgriff auf die Historischen Grundwissenschaften als Schlüssel zur Quelle. Dabei kann je nach Bestand auch die analytische Erschließung einzelner Archivalien den Bedürfnissen der Nutzer und Nutzerinnen am besten entsprechen, so im Fall von Urkundenregestierung oder Quellenedition mit entsprechendem textkritischen Apparat.

Neben dem eigentlichen Findmittel können die aus der wissenschaftlichen Erschließung gewonnenen Erkenntnisse als eigenständige Publikation des Bearbeiters und der Bearbeiterin veröffentlicht werden und auch in dieser Form die Aufmerksamkeit auf die Archivalien des GStA lenken. In mehrjährigen Abständen entwickeln sich aus dieser intensiven Beschäftigung Ausstellungskonzeptionen, zu deren Realisierung die unter dem Dach der SPK gegebene Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit den SMB beste Voraussetzungen bietet.

Archivische „Provenienzforschung“

Mit seiner aus dem Stiftungsgesetz erwachsenen Zuständigkeit für die archivalische Überlieferung aus den ehemaligen preußischen Ostprovinzen eröffnet sich für das GStA ein weiteres Forschungsthema: den Weg der Bestände ins Archiv zu erforschen, den Kontakt mit weiteren Aufbewahrungsinstitutionen in Osteuropa (insbes. Polen, das Baltikum und Russland) über gemeinsame Erschließungsprojekte aufzubauen und zu pflegen und letztendlich eine virtuelle Zusammenführung der zerrissenen Bestände zu ermöglichen, entspricht dem vom Bundesarchivgesetz gegebenen Auftrag, Zugang zu den Archivalien sicherzustellen. Diese Form der „Provenienzforschung“ tritt neben die Unterstützung der sonstigen Stiftungseinrichtungen bei der Suche nach Herkunftsnachweisen von Sammlungsobjekten der SPK aus den Akten des GStA.

Kulturgut-Erhalt als Basis

Basis für den Umgang mit Archivalien ist ihr dauerhafter Erhalt als Kulturgut. Auch in diesem Aufgabenbereich ergibt sich aus der anforderungsgerechten Bestandserhaltung, Unterbringung und Verpackung ein Forschungsauftrag an die wissenschaftlichen Archivarinnen und Archivare des GStA, bei dem sie in nationalen Fachgremien Normen entwickeln und festlegen, um in Kooperation mit Restauratoren, Naturwissenschaftlern etc. ihr Fachwissen einzubringen.

Besondere Stärken

Innerhalb dieses Themenspektrums ist das GStA besonders stark in Bereichen, die sich aus den Spezifika seiner Bestände, Nachlässe und Sammlungen ergeben:

  • in der Vermittlung eines quellenorientierten differenzierten Bildes der Geschichte Brandenburg-Preußens, nicht zuletzt mit Blick auf deren Verflechtung mit der (ost-) europäischen Geschichte,
  • im „langen Atem“ bei der Fortführung traditionsreicher Editionsvorhaben wie auch in der Erprobung innovativer Erschließungsansätze in Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen,
  • in den Historischen Grundwissenschaften als Grundlage für Erschließung und Auswertung seiner Bestände, Nachlässe und Sammlungen.

Besondere Herausforderungen 

Als besondere Herausforderung stellt sich die schnellere Öffnung der Erschließung in den digitalen Raum dar. Sie vollzieht sich über die Retrokonversion vorhandener analoger Findmittel und Bereitstellung im digitalen Forschungssaal des GStA sowie den entsprechenden Onlineportalen Deutsche Digitale Bibliothek und Europeana.

Hier wurde mit den im Herbst 2018 verabschiedeten neuen Verzeichnungsvorgaben, die über eine mehrschrittige, tiefendifferenzierte Erschließung eine beschleunigte Onlinestellung ermöglichen, die Voraussetzung für eine verbesserte Sichtbarkeit der Archivalien im WorldWideWeb geschaffen. Stärker in den Blick rückt dabei auch die Normdatennutzung, die in der archivischen Community bisher nur zögerlich in die Verzeichnung einbezogen wurde. Zu intensivieren sein werden die Anstrengungen des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz zudem mit Blick auf die Möglichkeiten des Web 2.0, so im Bereich von Crowdsourcingmodellen zum Beispiel in Kooperation mit wissenschaftlichen Nutzergruppen.